Kurze Geschichte vom Flon

Das Quartier du Flon zeichnet sich durch seine klare Identität inmitten der Stadt Lausanne aus. Trotz seinen innovativem Auftreten, bewahrt es den Abdruck seiner industriellen Vergangenheit und vergisst seinen Ursprung nicht.

Als der Flon noch ein Fluss war

Als die Familie Mercier gegen 1740 am Ufer des Flon eine Gerberei gründet, ist das Flon-Tal ein natürliches, unbewohntes Tal, das von einem Fluss durchquert wird. Mit Beginn der Industrialisierung im 19. Jahrhundert entstehen im Flon-Tal neue Sägemühlen, Walkmühlen und Gerbereien, was der Gegend aufgrund der übelriechenden Lederverarbeitung einen schlechten Ruf einbringt. Die Einwohner Lausannes meiden den Ort.

Ein Fluss verschwindet und ein Tal wird beseitigt

1832 zwingt eine Choleraepidemie die Stadt, mit dem Bau einer Brücke über den Flon und die Louve – den anderen Fluss, der Lausanne durchquert – zu beginnen. Im Jahre 1836 beginnt die Obrigkeit mit der Aufschüttung des Flon flussaufwärts sowie mit der Realisierung eines Landschaftsgürtels mit geringem Höhenunterschied. Dies macht den Bau der Brücke Pont Pichard mit ihren doppelt angeordneten Bögen, die sich bis in eine Höhe von 25 Metern erheben (der heutige Grand-Pont) erforderlich.

Zugverbindung Lausanne- Ouchy oder der Vorfahre des Metro M2

Louis Gonin (1827-1898) und der Gerber Jean-Jacques Mercier-Marcel (1826-1903), zwei couragierte Unternehmer, reichen im Jahre 1868 ein ehrgeiziges Projekt bei der Stadt ein, um die industrielle Entwicklung weiter voranzutreiben: die Errichtung eines Güterbahnhofs für eine zukünftige Eisenbahnverbindung zwischen Lausanne und Ouchy inklusive eines zentralen Lagerdepots und eines Kanalisationsnetzes nach Lausanne, der das Wasser des Grenet und des Lac de Bret nach Lausanne transportiert. Die kurz nachher gegründete Gesellschaft wird Eigentümer des gesamten Tals und übernimmt im Gegenzug die Kosten für alle anfallenden Bauarbeiten.

Ein eingeebnetes Tal und zahlreiche Lagerdepots

Die für den Ausbau des Tunnels zwischen Lausanne und Ouchy ausgehobene Erde wird für die Aufschüttung des Flon flussabwärts des Grand-Pont verwendet. Die erste Bogenreihe des Grand-Pont verschwindet; der Bahnhof und die Seilbahnverbindung Lausanne-Ouchy werden im Jahre 1877 eröffnet. Der Flon wird nach und nach eine Plattform, wo sich zahlreiche Lagerdepots installieren, die an die Eisenbahngleise angeschlossen sind.

Flon im 20. Jahrhundert: ein verdichtetes Tal

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wird die Ebene des Flon zum wichtigsten Güterbahnhof der Stadt Lausanne, in der zu dieser Zeit ca. 47.000 Menschen leben. Das Familienunternehmen Mercier entwickelt sich nach und nach in eine Verwaltungsgesellschaft für zahlreiche Immobilienflächen, die es im Laufe der Zeit erwirbt. Aufgrund der raschen Erschliessung der Ebene findet zwischen der Stadt und der Gesellschaft im Jahre 1930 ein erfolgreiches Abkommen statt, das die Ansiedlung der Gebäuden regelt und deren Bauhöhe festlegt. Die Grundlagen dieses Abkommens bleiben bis ins Jahr 1980 gültig.

Neu interpretierte Lagerdepots als günstige Ateliers und Büros

Zu Beginn der 1950er Jahre, lässt Interesse an den Lagerdepots nach, welche das Flon-Gebiet verlassen. Ferner wird die Ebene an den Rest der Stadt angegliedert, wodurch ihr Schienennetz seine Daseinsberechtigung nach und nach verliert. Der Vorgänger der LO-Gruppe stellt nunmehr die Beförderung von Passagieren zwischen Ouchy, dem Bahnhof und der Flon-Ebene grösstenteils sicher und verwaltet die Lagerhallen, welche in Büroräume und Handwerker-Künstlerateliers umgewandelt werden. Das Quartier du Flon verwandelt sich von heute auf morgen in ein originelles, kreatives und modernes Viertel.

Ein Bedürfnis auf einen zweiten Frühling im Flon: ein schwieriger Teilnutzungsplan

Der Zustand der Gebäude verschlechtert sich und erzeugt eine neue Erwägung über die Raumplanung des Quartiers. Schliesslich führt eine Reihe von Entwürfen und Gegenentwürfen im Juni 1999 zur Verabschiedung des Teilnutzungsplans, den das Bauamt der Stadt Lausanne ausarbeitete. In der Zwischenzeit trennt sich die Gesellschaft Compagnie du Chemin de fer Lausanne-Ouchy im Jahre 1984 von ihrem Beförderungsgeschäft, welches von nun an von den Transportunternehmen der Stadt Lausanne übernommen wird, und konzentriert sich auf die Verwaltung und Entwicklung seines Immobilienvermögens. Die LO Holding Lausanne-Ouchy SA (Groupe LO oder LO) entsteht.

Die Verwandlung des Quartiers

Die Devise für die Entwicklung des Quartiers ist die folgende: das Beste der Vergangenheit für die Gestaltung der Zukunft nutzen. Am Anfang des 21. Jahrhundert, folgen die Bauten und die Renovierungen aufeinander. Das Ergebnis ist die Verwandlung des Quartiers in ein neues Unterhaltungs-, Kreativitäts-, Arbeits-, und Lebenszentrum. Neue Mieter, Restaurants, Shops und Büros installieren sich im Flon und vermischen sich mit den alten und treuen Mietern.

Seit 2009, infolge einer Übernahme durch die Schweizer Immobiliengesellschaft Mobimo, entwickelt sich und dynamisiert sich das Quartier immer weiter: Hin zum urbanen Stadtquartier.